GOA-Texte:Über die albionische Kasuistik

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Seit unglaublich langer Zeit debattieren die weisesten der Weisen der Kirche von Albion, die treusten und eifrigsten Diener des Lichtes und die brillantesten Theologen über die knifflige Frage der Seele, dass es mehr als an der Zeit war, langsam mal eine kleine Zusammenfassung dieses glühend heißen Themas zu schreiben ; ein um so heißeres Thema, da es buchstäblich mehr als eine Person versengt hat.

In den grünen Landstrichen Albions ist es heutzutage wohlbekannt, dass die Seele eines Gläubigen bei ihrem Tod in einem genau so unglaublich subtilen wie auch harmonischen Prozess auf ewig mit dem Licht verschmilzt. Dies ist die natürliche Belohnung für all diejenigen, die ernsthaft den Lehren des Lichtes folgen, die glorreiche Vollendung, welche ein Leben voll Bescheidenheit, voll Aufopferung und harter Arbeit krönt.

Allerdings muss man wissen, dass es nicht immer so war.

Auch wenn nun niemand in der Kirche die Existenz der Seele mehr in Frage stellt, diesen kaum spürbaren Hauch, diese verschwimmende Immaterialität, dieses Flämmchen der Ewigkeit, welches im tiefsten Innern eines jeden Menschen leuchtet, so sagen die Historiker doch einstimmig... zumindest die wenigen, die unwissend oder stark genug sind, um ungestraft dem Zorn der bewaffneten Abteilung des Lichtes zu trotzen, dass das Konzept der Seele nicht länger als seit 400 Jahren existiert, und dass es beim 17. Konzil von Glastonbury im Jahre 182 war, dass dieser Pfeiler des modernen Glaubens über den schamlosen Sophismus seiner Verfolger triumphierte.

Einige erfahrene Polemiker, die durch ihre Sicherheit und die geographischen Abgelegenheit ihrer Wohnstätten stark sind, zögern übrigens nicht zu behaupten, dass die aufeinander folgenden Konklaven der Kirche des Lichtes regelmäßig von grundlegenden Umwälzungen begleitet wurden.

So scheint es zum Beispiel, dass die Frauen ihre Seele bis zum Gnadenjahr 264 nicht "verdienten", und dass dies einer der Gründe war, warum der Kaiser Tragius IV der Schwache zum Licht konvertierte, eine Bedingung, die ihm angeblich von seiner eigenen Frau auferlegt worden war und die einen wahren Tropismus innerhalb der ganzen Kirche auslöste, eine Ehefrau, die, nebenbei gesagt, auf traurige Art und Weise in die Nachwelt überging, da sie auch das Verbot des noblen Berufes des Milchmanns in der romanischen Stadt verschuldete, aber dies ist eine andere Geschichte.

Diese Meinungsverschiedenheiten sind glücklicher Weise Vergangenheit und die Kirche zeigte sich seit langer Zeit mal wieder einheitlich - nämlich um genau zu sein seit dem traurig bekannten Konzil von Salisbury , wo der Legat Javan definitiv die Grenzen des Anstands und der Würde überschritt, indem er eine Wolfsfalle auf die Kanzel seines Gegensprechers legte, wodurch er ein für alle Mal seine Position diskreditierte - als die Frage plötzlich durch das überraschende und unerwartete Erscheinen der Inconnu aufgehoben wurde.

Bis dahin war die Situation klar : einzig und allein die Menschen verfügten über eine Seele, wobei diese Definition die Avalonier mit einschloss, trotz des kleinlichen wie auch jämmerlichen Drucks, der von einem Teil des konservativen Flügels einer Gesellschaft von Gelehrten, die dabei war, an Prestige und an Macht zu verlieren, ausgeübt wurde.

Nur : Haben die Inconnu seine Seele ?

Die Antwort, und sie ist entscheidend, ist nicht so einfach wie es scheint. Während sieben Tagen und sieben Nächten tauschten die erfahrensten Theologen Kraft, Ansichten und stumpfe Objekte aus, bis die Debatten schließlich aus Rücksicht auf den fragilen Gesundheitszustand der meisten Anwesenden verschoben wurden.

Seitdem war nicht eine Woche vergangen, in der nicht eine neue Kontroverse ausbrach, in der die einen wie die anderen sich Thesen ausdachten und präsentierten, die immer brillanter, immer unhaltbarer und sicherlich auch meistens an den Haaren herbeigezogen waren. Die Kirche, die sich weigerte, ein offenes Statement abzugeben und die auch kühne Experimente der Vivisektion ablehnte, hatte Zweifel in seine jahrhundertealten Mauern gestreut.

Der Aufruhr hatte sich beinahe schon gelegt, als das Gewitter aufs Neue ausbrach, und zwar genauso stark wie das erste Mal ! Die Halb-Oger, die vor dem Zorn der Männer von Krondon flohen, kamen, um beim König Constantin um Hilfe zu bitten. Auch wenn es einmal so schien, dass die Avalonier in der Lage waren, dass Problem für immer zu regeln, so entschied der König schließlich, dass die Neuankömmlinge viel zu kostbar waren, schickte seine Wachen, um sie vor dem Hass des Volkes zu schützen und machte aus ihnen Verbündete, die genauso unbestreitbar wie unbestritten waren.

Was nun folgte, geht die Öffentlichkeit nichts an, aber böse Zungen lieben es zu behaupten, dass der König von Albion den großen Meistern des albionischen Glaubens nicht wirklich eine Wahl ließ : Kaum zwei Tage später erkannte die Kirche den Halb-Ogern die Existenz einer Seele zu. Und dumm gelaufen für diejenigen, die sich gerne mit einer halben Seele zufrieden gegeben hätten, der königliche Wille hatte diesmal Vorrecht !

Heutzutage, um die ganze Sache glasklar klarzustellen, ist die Seele, über die Jahrhunderte von Minnesängern besungen und verherrlicht, das Sonderrecht und Privileg der Menschen und der Halb-Oger. Was die Inconnus angeht, nun ja, das weiß halt niemand !

Die feine und umstrittene Kunst der albionischen Kasuistik hat wahrlich noch schöne Tage vor sich.