GOA-Texte:Der letzte Tag mit Sigvald

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Nur selten war unser Fürst jemals so aufgeregt. Hätten wir nicht zahllose Male erlebt, wie er in der Schlacht dem Tod mit grenzenlosem Mut ins Auge gesehen hat, dann hätte man denken können, er habe Angst.

Wir warten hier seit Stunden. Der Runenmeister hat uns gesegnet und die heiligen Runen auf unsere Rüstungen gezeichnet. Während wir dann in Kampfformation angetreten sind, haben unsere Frauen, Kinder und Sklaven das Dorf verlassen und in den Wäldern Schutz gesucht. Ich kämpfe nun schon seit geraumer Zeit für die Ehre des Sigvaldclans, aber ich habe mich immer noch nicht an die Spannung gewöhnt, die der Schlacht vorangeht. Und noch nie war das Warten so unerträglich wie heute.

Vor ein paar Tagen erreichten die ersten Gerüchte unser Dorf. Ein paar Skalden und Jäger verbreiteten sie, sogar ein wandernder Donnerkrieger, der in unserer Gegend nach Abenteuern suchte. Zu Beginn erschienen uns die Gerüchte völlig abwegig, aber nachdem jeder Besucher die gleiche Geschichte erzählte, fingen wir langsam an, uns Sorgen zu machen. Inzwischen zweifeln wir nicht mehr daran : Heute morgen kamen die Söhne von Notker und Sniallr früher als erwartet vom Fischen zurück - mit schrecklichen Neuigkeiten. Jetzt ist es totenstill in unserem verlassenen Dorf ; kein Geräusch ist zu hören, nicht einmal ein Vogel. Noch nie schien uns Walhalla so nahe zu sein.

Plötzlich ein Geräusch im Gebüsch links von uns ! Dem metallischen Geklapper nach zu urteilen bin ich offenbar nicht der Einzige der es gehört hat, denn alle Krieger zücken ihre Waffen und gehen in Kampfstellung. Mit einem Winken befiehlt uns Sigvald, die Waffen wieder wegzustecken : Es ist nur Reginarn, unser Kundschafter, der mit ernstem Gesichtsausdruck von seiner Erkundung zurückkehrt. Unser Fürst geht zu ihm, legt ihm eine Hand auf die Schulter und fragt :

"Sagt mir, habt Ihr sie gesehen ? Wie viele sind es ?"
"Mehr, als ich jemals auf einem Haufen gesehen habe, mein Fürst, sie kommen in gewaltigen Horden, mitsamt ihren Zauberern. Sie werden bald schon hier sein."
"Dann sei es so. Mögen unsere Söhne stolz auf uns sein. Heute Nacht werden wir in Walhalla feiern, zusammen mit unseren Vätern und Vorfahren, denn wir werden voller Tapferkeit in die Schlacht ziehen !"

Das Rumoren wird immer lauter. Mir wird klar, dass ich es schon eine ganze Weile gehört, aber nicht wirklich wahrgenommen habe. Am Horizont steigt eine Staubwolke auf... sie kommen ! Begleitet von furchteinflößendem Kriegsgeschrei breitet sich ihre Heerschar über das ganze Tal aus und marschiert auf unser Dorf zu. Die ersten von ihnen sind bald nur noch einen Pfeilschuss entfernt, und immer noch ergießen sich neue Horden vom Waldrand heran ! Wir alle stehen regungslos ob dieses Anblicks, unfähig, irgendwie zu reagieren, als seien wir von einem bösen Zauber gelähmt.

Dann, urplötzlich, nur noch Stille. Ein Befehl, ein Signalhorn, und die gewaltige Armee steht still. Zu meiner Überraschung sehe ich, dass die meisten von ihnen unbewaffnet sind, nur einige halten riesige Keulen in der Hand, aber eher wie Gehstöcke. Die Mehrzahl hat allerdings Kriegsbemalung im Gesicht, und alle tragen mehr oder weniger farbenfrohe Stammeszeichen zur Schau. Es ist schwer, in ihren ausdruckslosen Gesichtern zu lesen, aber ich könnte schwören, dass dieses Leuchten in ihren Augen nicht Hass ist, sondern eher eine Mischung aus Neugier und Amüsiertheit.

Zwei von ihnen kommen nun auf Sigvald zu. Der erste, riesig und furchteinflößend, ist größer als der Runenstein, den wir voriges Jahr in der Dorfmitte errichtet haben, und er trägt ein Sammelsurium von merkwürdig geformten Metallplättchen, die aussehen, als stammten sie von einer alten Rüstung. Auf seinem Rücken trägt er eine Kampfkeule von der Größe eines mittleren Baumstumpfes. Er hält zwei Schritte vor unserem Fürsten an, der dem riesigen Troll entgegensieht, ohne mit der Wimper zu zucken, und beginnt, zu sprechen, während er sich mit der Faust an die Brust schlägt :

"Sokoy Om, Me Veniel ! Me Mogork ! Mogork Netawa Om !"

Dann deutet er auf einen anderen Troll neben ihm, der mit einer merkwürdigen roten Robe bekleidet ist.

"Mogork Nebartak Ban ! Mogork Nespoca Om ! Eta Ohmak, Ohmak Spoca Om !"

Dann beginnt dieser andere Troll zu sprechen, und zu unser aller Erstaunen wendet er sich in unserer Sprache an unseren Fürsten, deutlich verständlich trotz seines heiseren und rauen Akzents :

"Euch Grüße, Menschenhäuptling. Wie großer Häuptling Mogork sagen, Trolle nicht zerstören Dorf, Trolle nicht Menschlein weh tun. Trolle gehen, sehr viel lange. Trolle gehen zu großes Dorf viel weit weg, großes Dorf von Menschen und Zwergen. Trolle jetzt... wie sagen Menschlein... ?"

Er stockt einen Moment und sucht nach dem richtigen Wort. Schließlich macht sich ein gewaltiges Grinsen auf seinem Gesicht breit, und er sagt :

"Trolle jetzt HELFEN."

Schweigend gebietet uns unser Fürst, beiseite zu treten, um die gewaltige Trollarmee durch unser Dorf passieren zu lassen. Der Boden bebt unter ihren Schritten, und in den Häusern fallen Gegenstände aus den Regalen. Als der letzte Troll das Dorf verlässt, steht die Sonne schon hoch oben am Himmel, und von der gewaltigen Heerschar ist nur noch eine dichte Staubwolke zu sehen. Plötzlich reißt mich die Stimme unseres Fürsten aus meinen Gedanken :

"Bjorgolf ! Du bist für das Dorf verantwortlich, so lange ich weg bin. Notker, Sniallr und Reginarn, macht Euch bereit, wir brechen sofort nach Jordheim auf !"