GOA-Texte:Maedri

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Maedri verkroch sich tiefer in die dicken Tierpelze, um ihre erstarrten Körperglieder wieder aufzuwärmen und vom Rest der Welt abgeschnitten zu sein. Sie wollte das Gerede, das durch die Tür ihrer schlichten Hütte zu ihr drang, nicht mehr hören.

"Du Verfluchte !", schrien ihr die Schaulustigen, die sich an ihrer Scham labten, nach.

"Erwache !" rief ihr das Flüstern unermüdlich zu... Maedri riss sich mühselig aus ihrem Bett. Ihr Blick suchte vergeblich nach ihren Töchtern, die man ihrer Obhut entrissen hatte und fiel dabei auf Kleider, die sie schnell anziehen konnte. Als sie sich ihnen näherte, konnte sie die Erinnerungen nicht mehr zurückdrängen, die ihren Kopf erfüllten... Die Druidin hatte ihr ein weiteres Mal einen Sohn versprochen. Dies war die dritte Prophezeiung und das dritte Mal, dass das Kind bei der Entbindung starb.

Sie hatte zwar ihrem Mann Gwanë schon drei hübsche Töchter geschenkt, aber keinen Sohn, nein. Genauso waren auch alle ihre Brüder und Onkel gestorben, bevor sie das Licht der Welt erblickten, da der Fluch die Nachkommenschaft ihrer Familie dazu verurteilte, nur Frauen hervorzubringen... Maedri hatte zum Teil durch die Unterstützung von Gwanë diese Situation ertragen und gute Miene zum bösen Spiel gemacht, indem sie zum Ausgleich ihre drei wundervollen Kinder noch mehr verhätschelt hatte.

Dann war aber diese Stimme, dieses Flüstern, gekommen.

"Erwache !"

Diese Nacht schrie sie in die Nacht hinaus ; sie war überzeugt, dass ein böser Geist in ihr herumspukte. Man hatte ihr daraufhin mehrere Drogen verabreicht, durch die sie in einen dauernden traumähnlichen Zustand versetzt wurde, in dem ihr einziger Begleiter diese Stimme war... Als sie erwachte, war der Alptraum aber nicht vorbei. Nicht nur dauerte das Flüstern an, sondern sie erfuhr auch bald voller Entsetzen, dass ihren drei Töchtern dasselbe grausame Schicksal bestimmt war. Von einem Anfall von Wut und Wahnsinn gepackt, hatte man sie erneut beruhigen und ihr Drogen verabreichen müssen...

"Werde dir deines Wesens bewusst, deine Schwestern warten auf dich."

Maedri hakte ihre Tunika zu. Sie hatte nur wenig Zeit ; ihr Mann würde sich seinen Weg durch die Menschenmenge, die sich vor der "Hütte der Verfluchten" aufhielt, bahnen und sie wollte ihn nicht unbedingt zu diesem Zeitpunkt sehen. Alles, was sie wollte, war, ihre Töchter wiederzusehen.

Sie schlich sich durch die Hintertür hinaus und sprang über die Hecke, welche ihre Hütte umschloss. Da sie die Hauptstraße meiden wollte, schlängelte sie sich bis in die nächtlichen Schatten des tiefen Waldes hinein. Dieser war gefährlich, aber es war auch der schnellste Weg, um Connla und die Familie ihres Mannes zu erreichen und somit auch sicherlich bei ihren Kindern zu sein.

"Nun ist es Zeit, mein Kind, komm zu mir !"

Das Flüstern wird lauter, dringender. Maedri reibt sich die Augen und geht immer tiefer in den Wald hinein. Sie ist auf ihre Füße und auf die Stimme, die in ihrem Schädel hämmert, konzentriert und bemerkt die seltsamen Schatten nicht, die, als sie an ihnen vorübergeht, nach und nach erwachen.

"Hör auf, mich zu ignorieren."

Nun hört sie die Worte viel deutlicher. Beängstigt überstürzt sie ihren Schritt. Die Feccaner, für ihren Teil, beschließen, die appetitliche junge Frau einzukreisen.

"Jetzt !"

Ein Schrei ! Ihrer ? Die Stimme ? Eine krallenbesetzte Hand drückt sie an einen feuchten und übelriechenden Baumstamm, hysterisches Gelächter vermischt sich mit dem unaufhörlichen Geflüster. Sie sieht eines der Monster und fühlt, wie Kieferknochen ihren Nacken packen. Sie schreit !

Blass wie der Mond und mit ihrem nach einer ungreifbaren Brise tanzenden gespenstischen Haar entfernt sich Maedri lautlos von den Leichen der Feccaner, diese morbiden ausgerenkten Marionetten, die auf Ewig in absurden Haltungen verrenkt sind.

"Jetzt bist du enthüllt, mein Kind, und gehörst wieder zu mir."

Einen Augenblick lang hört Maedri der körperlosen Stimme von Leanansidhe zu. Dann beschließt sie, diese zu ignorieren. Sie ist endlich frei, frei, ihre Töchter, ihre Banshee-Schwestern, wiederzusehen.