GOA-Texte:Steinigung

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Dies ist ein offizieller Text, der von GOA veröffentlicht wurde.
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Schließlich gossen die wenigen Sterne dieser endlosen Nacht ihr kaltes Licht durch das Gitter. Nachdem er mehrere Tage hinweg gewütet hatte, gab sich der Schneesturm endlich gegen die Härte der hundertjährigen Steine geschlagen. Einzig eine Schneewehe zeugte davon, wie stark es geschneit hatte.


Isabrenna wendet ihre Augen vom nun wieder klaren Himmel und schaut auf ihren Begleiter. Die Kälte hatte ihn schon vor einem Tag ins Jenseits getragen. Sie hätte auch gerne so viel Glück. Doch ihr Volk lebte schon zu lange in den gefrorenen Landen von Niflheim, als dass ein einfacher Schneesturm ihr Angst machen könnte. Nein, sagt sie zu sich selbst, sie würde überleben, bis sie für ihre Verbrechen der Tradition nach bestraft wurde.


Diese ach so kostbaren Traditionen, die diese Marionette von Hauk eines Tages verordnet hatte. Wie konnte man jetzt noch an ihnen festhalten ? Warum konnten sie sich von diesem alten Hass nicht losreißen ? Sahen sie denn nicht, dass die von ihrem Herren auferlegten Prüfungen ihnen nur dabei geholfen hatten, ihr Schicksal zu vollenden ? Sie konnte sich nichts vorwerfen, sie hatte versucht, es ihnen zu erklären, ihnen während dieser Parodie von Prozess die Augen zu öffnen, aber alle Mühe war umsonst gewesen. Sie würden niemals die Kraft der Verbindung von Feuer und Eis verstehen.

Pathetische Marionetten, die sich großmütig taten, indem sie ihre Verbindung zu einem Menschen 'verzeihlich' fanden, aber gleichzeitig wollten, dass sie nunmehr das gleiche Schicksal wie ihr Freund teilen müsse.


Sie lächelt den Leichnam an und unterbricht die Stille mit ihrer ruhigen Stimme : "Tapferer Gunnráðr, selbst in deinem Tod hast du sie noch einmal überlistet."


In der Ferne hört man das Rasseln eines Schlüsselbundes, eine schwere Tür öffnet sich quietschend und Schritte hallen in den leeren Korridoren wieder : die Stunde ist gekommen. Als die Gefängniswärter sie davon schleppen, dreht Isabrenna sich um und ruft : "Bis bald, Gunnráðr, wir sehen uns an Bord des Naglfar wieder !"


Als Opfer einer der vielen Niederträchtigkeiten von Loki, mussten die Vorfahren der Frostalfar ins Exil nach Niflheim gehen. Dieses Leid hat die Mentalität dieser Alfen stark beeinflusst, was sich in ihren Traditionen wieder spiegelt. Die Wichtigkeit, immer die Wahrheit zu sagen, geht sogar so weit, dass es als Lüge angesehen wird, wenn man bei einer Erzählung etwas auslässt. Sie haben Loki und seinen Anhängern ewigen Hass geschworen. Daher gibt es für einen Frostalfar keinen schlimmeren Verrat, als zu einer Schattenklinge zu werden. Wehe den wenigen, die diesen Weg eingeschlagen haben, denn wenn sie aufgedeckt werden, erwartet sie der Tradition nach ein Tod durch öffentliche Steinigung.