GOA-Texte:Wie die Könige ihren Platz tauschten

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Die krumme Gestalt des Alten stand gebückt neben dem Feuer. Mit einer Suppenkelle in der Hand rührte er den Eintopf langsam und regelmäßig um, während seine Tochter und sein Schwiegersohn draußen waren. Sie waren damit beschäftigt, Brennholz zu zerschlagen und aufzustapeln, denn der Winter drohte, rau zu werden. Sein Enkelsohn kam rennend in die Stube gelaufen. Er bekämpfte mit seinem Holzschwert imaginäre Elfen. "Opa ! Opa ! Ich habe den Verteidiger der Elfenkönigin getötet !" kündigte er stolz an, während er mit seiner Waffe ungeschickt herumwirbelte. Der Mann drehte sich um und bedeutete dem Kind, näher zu kommen. Auf seinem Gesicht lag eine Mischung von Freude und Trauer, wie man sie bei denjenigen sehen kann, die der Tod bald von ihren geliebten Mitmenschen trennen wird.

"Komm her, ich muss dir eine Geschichte erzählen. Setz dich doch vor mich hin."

Der Bengel setzte sich auf einen Hocker gegenüber von seinem Großvater und wartete gespannt.

"Die Elfen zu bekämpfen," fing er an, "ist eine gute Sache. Dennoch muss der tapferste Ritter auch manchmal aufhören, zu kämpfen, um sich dem Lernen zu widmen."

"Aber, Opa, ich..."

"Ach geh, sieh dir Herzog Bors an : Er ist ein großer Ritter und er ist trotzdem gelehrt."

Das Kind dachte einen Augenblick nach und nickte schüchtern.

"Ich bin froh, dass du mit mir übereinstimmst. Heute Abend werde ich dir von einem großen König von damals erzählen. Vielleicht kennst du ihn ja", fuhr er fort, während er seinen Eintopf weiter rührte, "er gehört nämlich mit Bran dem Gesegneten und Artus zu den drei großen Königen von Albion. Es war vor langer, langer Zeit, vor den Römern und sogar bevor Brennus die Hauptstädte des Südens plünderte, welche an der nördlichen Grenze des Landes der Sarazenen liegen."

"Ist denn Brennus wirklich so weit gegangen, Opa ?"

"Ja, aber dies ist eine andere Geschichte. So. Eines Tages, an dem Arawn jagte, wagte er sich ins Reich der Lebenden, nach Albion. Seine Meute, die aus schwarzen Hunden mit roten Ohren bestand, hatte einen großen weißen Hirsch im Wald eingekreist und war im Begriff, ihn zu schlachten, als plötzlich ein Pfeil durch die Luft schoss und die Beute tötete. Diesen Pfeil hatte Pwyll, der König von Dyfed, abgeschossen. Er hatte gesehen, wie die Meute den Hirsch bis in den Wald hinein verfolgte, und war ihr gefolgt. Dann fing er an, den Hirsch zu zerlegen und die besten Stücke seinen eigenen Hunden zu geben." Das Enkelkind fragte überrascht : "Aber, Opa, wie kann denn ein König so etwas tun ? Die besten Stücke sind doch nicht für die Hunde !"

"Gut bemerkt, mein Junge. Aber der weiße Hirsch und der Wald waren verzaubert. Indem er ihn tötete, wechselte Pwyll in die Gegenwelt über, dort, wo alles umgekehrt ist. Aber fahren wir fort : In diesem Augenblick tauchte Arawn auf, der sehr verärgert war, da man ihm seine Beute gestohlen hatte. Er warf es Pwyll vor und dieser bot ihm sofort als Entschädigung seine Dienste an. Schließlich ist es sehr waghalsig, einem Gott zu trotzen. Arawn nahm ihn beim Wort und forderte von ihm, dass er ihm seinen Platz ein Jahr lang überließe, während Pwyll seinen eigenen in Annwn übernehmen würde."

"Was ist denn annuön ?"

"Man spricht es Annun aus, es ist Arawns Reich. Wo waren wir denn stehen geblieben ? Natürlich willigte Pwyll ein und Arawn machte, dass jeder das Aussehen des anderen bekam. Bevor sie sich trennten, erfuhr Pwyll von Arawn, dass er am Ende der Frist Arawns Gegner, Hafgan, in einem Duell an der Grenze ihrer Gebiete gegenübertreten sollte. Arawn riet Pwyll, nur ein Mal auf den Gegner einzuschlagen und sich zu weigern, ihn zu töten. Daraufhin trennten sie sich und jeder begab sich auf den Platz des anderen. Pwyll war ein weiser und gerechter Herrscher für Annwn.

Als der Tag des Duells kam, trafen sich Hafgan und Pwyll an der Furt. Beide waren bestens ausgerüstet und ritten ihr bestes Pferd. Sie stellten sich gegenüber und Pwyll schlug als erster zu, mit einem so harten und präzisen Schlag, dass er die Waffe, die Rüstung und den Schild von Hafgan zerschmetterte und diesen von seinem Pferd warf. Er machte dies mit einer solchen Kraft, dass Hafgan sogar auf sein Ufer zurückgeworfen wurde. Hafgan bat ihn dann, ihm den Todesstoß zu geben, worauf Pwyll mit folgenden Worten antwortete : "Es ist mir unmöglich" . So starb Hafgan, der einzige Gegner von Arawn in Annwn.

Am geplanten Tag trafen sich Arawn und Pwyll wieder an der gleichen Stelle, wo der weiße Hirsch gestorben war und jeder nahm seinen Platz und sein Aussehen wieder ein. Später erfuhren sie, dass jeder die Geschäfte des anderen besser als der Platzinhaber selbst geführt hatte. Als Pwyll nach Dyfed zurückgelangt war, tat er alles seinem Volk kund, welches ihn sofort "Pen-Annwn", den Prinz der Gegenwelt, nannte.

Von dieser Zeit an entstand zwischen Arawn und Pwyll eine dauerhafte Freundschaft und sie tauschten mehrere Geschenke aus. Als eines dieser Geschenke brachte Arawn zum Beispiel dem Volk von Dywed die ersten Schweine, die sie je gesehen hatten, dar. Dies ist der Grund, weswegen Schweine dauernd in der Erde wühlen : Sie versuchen, in die unterirdische Welt zurückzukehren, weil man von dort aus in die Gegenwelt gelangen kann. So, nun ist meine Geschichte zu Ende."

"Opa, was ist denn aus Arawn und Pwyll geworden ?"

"Später heiratete Pwyll eine Dame aus Avalon und was Arawn betrifft....sollte man einen Inconnu fragen."